Woher hat der Mohrenkopf seinen Namen?
- Leif von Speyer
- 12. Feb. 2021
- 4 Min. Lesezeit
Jeder kennt das leckere Schokoladengebäck, das meist Joghurt oder Eischnee enthält. Dieses wird besonders im Süden und Südwesten Deutschlands Mohrenkopf genannt, was oft als wörtliche Übersetzung des französischen Wortes „Tête de Négre“ alias „Negerkopf“ angesehen wird, da das Wort „Mohr“ oft synonym mit dem Wort „Neger“ verwendet wird. Heute wird der Begriff vielfach als rassistisch empfunden. Aber ist das Wort wirklich rassistisch?

Wer mich kennt, weiß, dass ich Mohrenköpfe – sorry: Schokoküsse – leidenschaftlich gerne esse. Ich fand es schon immer übertrieben, dass sich viele Leute über die Nutzung des Wortes „Mohrenkopf“, das in meiner Kindheit in den 1990er Jahren noch völlig normal war, aufregen, weil sie es als rassistisch empfinden. Ich finde zudem, dass es ein Unterschied ist, ob man einen Menschen aus Afrika direkt als „Mohr“ oder „Neger“ beleidigt oder diskriminiert, oder eben nur ein Gebäck so benennt.

Der Name des Gebäcks leitet sich nämlich wie auch der Begriff „Mohr“ vom Heiligen Mauritius – eingedeutscht Mori(t)z – ab. Mauritius war der erste dunkelhäutige christliche Missionar, da er durch Meuterei in der Thebäische Legion all ihre Mitglieder christianisierte. Er starb später in Lyon als Märtyrer.
Manchmal wird auch behauptet, Mauritius sei im Besitz der Heiligen Lanze gewesen. Mit der Heiligen Lanze hat nach biblischer Überlieferung der Römer Longinus den Tod von Jesus festgestellt. Weder die Echtheit der Lanze, von der sich ein Teil in der Hofburg in Wien befindet, noch die Existenz von Mauritius ließ sich bislang einwandfrei belegen. Dennoch ist Mauritus durch zahlreiche Legenden und Ehrungen heute vielerorts Teil deutscher Kultur, besonders im deutschsprachigen Raum.
Spätestens seit dem 13. Jahrhundert wird Mauritius in Wappen und Flaggen vieler deutscher Städte als dunkelhäutiger Mann dargestellt, meist in Verbindung mit einem Kettenhemd oder stilisierte römischer Militärkleidung.

Eine der bekanntesten Darstellungen findet sich im Wappen der fränkischen Stadt Coburg. Obwohl diese Darstellung vielfach umstritten ist, haben Volksbefragungen bislang ergeben, dass die Mehrheit der Einwohner sich mit dem Stadtpatron identifiziert und die Geschichte gerne in Erinnerung behalten würde. Und ich finde es auch wichtig, dass Legenden und Sagengestalten in Erinnerung behalten werden, da sie Teil der Kultur eines Landes sind.

Von Mauritius leitet sich übrigens manchen Quellen zufolge auch der Name „Mauris“ für die Völker Nordafrikas, die im Mittelalter wieder islamisiert wurden, und das Wort „Mohr“ ab. In Anlehnung daran gibt es in Deutschland auch diverse Mohren- und Moritzapotheken. Dies sind aber oft nicht rassistisch gemeint, sondern sollen daran erinnern, dass Mauritius auch als Heiler verehrt wurde.
So findet man auch in der rheinhessischen Kleinstadt Meisenheim am Glan eine solche Mohrenapotheke. Obwohl immer wieder Versuche gestartet werden, diese Apotheken umzubenennen, weigern sich manche Apotheker dagegen – und zwar aus denselben Motiven wie die Coburger, welche „den Mohr“ weiterhin im Wappen behalten wollen.

Und damit kommen wir zurück zu den Schokoküssen von Trauth. Obzwar die Firma ihr Gebäck „Schokokuss“ nennt, sind es nach regionaler Bezeichnung mundartlich „Mohrenköpfe“, wobei sich eben auch hier der Name auf den Heiligen Mauritius beziehen soll. Angeblich soll das Gebäck nämlich schlicht den Kopf des Stadtpatrons darstellen. Interessanterweise stammt die ursprünglichste Form des Gebäcks sogar aus dem Raum Lyon. Mit dem „Négre“ könnte also ebenfalls Mauritius gemeint sein. Hierbei ist allerdings auch zu beachten, dass der Begriff "Mohrenkopf" in vielen Teilen Deutschlands – auch von mir – nicht explizit nur für schwarze Schokoküsse benutzt wird.

Die in diesem Artikel beschriebene Ansicht ist aber vielfach umstritten. Dies bekam auch der Bärstadter Pfarrer Eberhard Geisler zu spüren, als vor einigen Jahren im Wiesbadener Tageblatt die links abgedruckte Anzeige veröffentlichte. In Social Media ging die Anzeige seinerzeit viral und Geisler wurde angefeindet. Ich bin über Twitter darauf gestoßen und möchte sie an dieser Stelle mal zitieren.
Ich frage mich hier jedoch, inwiefern Anfeindungen gegenüber Leuten, die lieber Mohrenkopf statt Schokokuss sagen, den Menschen in Afrika hilft?! Wir haben sie jahrhundertelang ausgebeutet und jetzt wollen manche die Schmach des Kolonialismus durch Wortklauberei aus der Welt schaffen?! Anfeindungen helfen niemandem. Anfeindungen führen zu Hass und Faschismus. Wenn jemand entscheidet, ob man den Begriff verwenden soll, oder nicht, dann sind dies doch die Afrikaner selbst, und die wollen unsere Hilfe interessanter Weise oft nicht, sondern ärgern sich nur um die Debatte, die wieder nur auf ihren Schultern ausgetragen wird!
Tatsache ist nämlich, dass die Begriff „Mohr“ und „Neger“ ursprünglich nicht rassistisch gemeint waren. Rassismus gegenüber Völkern aus Afrika ist nämlich vor allem ein Produkt der Neuzeit, in der man die Europäer zugunsten der Kolonisierung über andere Völker der Erde stellen wollte. Viele namhafte deutsche Philosophen waren an der Entstehung dieser rassistischen Strömungen beteiligt. Ich halte es zwar für wichtig, die rassistisch-kolonialistische europäische Geschichte aufzuarbeiten, aber denke, dass die Ausmerzung von missbrauchten Wörtern dabei der falsche Weg ist. Diese "politische Korrektheit", die da hinter steckt ist überdies ein typisch deutsches Phänomen, denn in der Schweiz denkt keiner daran, den Namen aus dem Gedächtnis der Menschen zu tilgen.
Wie seht ihr das? Schreibt mir gerne unter diesem Artikel oder unter mein YouTube-Video zum Thema einen Kommentar.
Weiterführende Links
* Wikipedia über Mauritius und Schokokuss
* Coburg auf meinem YouTube-Kanal
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