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Hindenburgdamm – Geschichte eines Mammutprojekts

Heute wird der Hindenburgdamm jährlich von über eine Millionen Touristen genutzt und mittels des Sylt Shuttles werden jährlich 700.000 Fahrzeuge über ihn transportiert. Doch obwohl es bereits 1875 Untersuchungen zum Bau eines Damms auf die beliebte Urlaubsinsel Sylt gab, verdankt er seine Existenz letztlich der Teilung von Schleswig-Holstein in einen dänischen und einen deutschen Teil. Zudem kann der Hindenburgdamm bis heute als eines der größten Verkehrsprojekte aller Zeiten angesehen werden.


Luftbild vom Hindenburgdamm [Quelle: Lucas Bouillon, Pixabay]

Als Ende des 19. Jahrhundert die Touristenzahlen in Richtung Sylt wuchsen, wurde die Marschbahn, die bereits von Altona nach Tondern führte, bis zur Hoyerschleuse verlängert. Von hier verkehrten mehrmals täglich Raddampfer nach Munkmarsch. Da die Fährverbindung allerdings tidenabhängig war, wurde schon beim Bau der Strecke über eine alternative Route mittels eines Damms durch das Wattenmeer nachgedacht. Die Idee wurde aber aus Kostengründen und wegen des beginnenden Ersten Weltkriegs zunächst verworfen.


Teilung von Schleswig-Holstein nach der Volksabstimmung 1920 [Quelle: Wikipedia]

1920 fiel durch Volksabstimmung der nördliche Teil des Landkreises Tondern inklusive seiner Kreisstadt allerdings an Dänemark. Nun war für die Überfahrt nach Sylt ein Visum erforderlich, obwohl Sylt vollständig bei Deutschland verblieben war. JeneVolksabstimmung war eine der Forderungen des Versailler Vertrages, da insbesondere der nördliche Teil der Region traditionell durch eine dänische Minderheit geprägt war.

Ergo wurde 1923 mit dem Bau eines Dammes westlich von Klanxbüll begonnen. Da bei einer Sturmflut allerdings große Teile dieses ersten Dammstücks weggespült wurden, entschied man sich für einen Neubau etwas weiter nördlich. Doch auch hier ging der Bau nur schleppend voran, denn immer wieder wurden Teile des Sandes für den Damm von der Flut weggespült.

Morsum Kliff

Kurzzeitig stand beim Bau die Option im Raum, das Morsum Kliff als Fundament für den Damm abzutragen. Schon damals war jedoch bekannt, dass es sich beim Morsum Kliff um ein Naturdenkmal handelt, dass aufgrund seines Alters und seiner Beschaffenheit erhalten werden muss.


Beim Morsum Kliff handelt es sich nämlich um eine der geologisch wertvollsten Formationen in Mitteleuropa. Es entstand am Ende der Saale-Kaltzeit vor rund 120.000 Jahren. Durch Einwirkung der Gletscher wurden seinerzeit Gesteinsschichten aus den letzten zehn Millionen Jahren so verschoben, dass sie nicht wie sonst üblich übereinander liegen, sondern nebeneinander schräggestellt sind. Oben auf dem Kliff liegt eine Sanddünenlandschaft, die erst in den letzten 20.000 Jahren entstanden ist.

Geologisch handelt es sich beim Gestein des Morsum-Kliff um Sandstein, vor allem Glimmerton, Limonit und Syltium, wobei Letzterer den Sockel bildet. Insgesamt ist das Morsum Kliff 21 m hoch. An den Gesteinen kann man zudem erkennen, wie hier vor Jahrmillionen der Meeresboden beschaffen war. Das Morsum Kliff ist übrigens eines von 77 sogenannten Nationalen Geotopen (Stand 2021). Dies sind besonders schützenswerte geologische Formationen in Deutschland.


Noch heute kann man die Spundwände zum Schutz des Dammes sehen.

Voller Zweifel auf den Erfolg des Bauprojekts kam Ingenieur Hans Pfeiffer schließlich auf die Idee eine Spundwand aus Holzpfählen und Bohlen zu errichten, die den Sand daran hindern sollte, zu entweichen. Die Idee zahlte sich aus, sodass zunächst die gesamte Strecke mittels Bohlen und Steinen befestigt und erst dann der Damm aufgeschüttet wurde. Als Vorbild für den Querschnitt des Damms diente die großen Deiche zur Landgewinnung.


Seinerzeit galt der Damm als größte Baustelle Europas. Trotz der schweren Zeiten von Inflation und Reparationen als Kriegsschuld zeigte sich, dass sich die neue Weimarer Republik im Aufschwung zu befinden schien.


Eröffnungsfahrt am 1. Juni 1927 [Quelle: Bundesarchiv, abgerufen über Wikipedia][

Der Damm wurde schließlich am 1. Juni 1927 fertiggestellt. Insgesamt kostete der Bau zwischen 18 und 26 Millionen Reichsmark, umgerechnet rund 60 Millionen Euro. Die ca. 1.500 Arbeiter benötigten dabei drei Millionen Quadratkilometer Sand und Klei sowie 120.000 Steine.

Bei den harten Arbeiten kamen auch immer wieder Arbeiter zu Tode. Die Arbeiter wurden übrigens mit einem Hungerlohn bezahlt, von dem sie sich seinerzeit geradeso einen Laib Brot leisten konnten.


Zug auf dem Dammstück durch die Nösse

Bei seiner Fertigstellung war der Damm 11,3 km lang und eingleisig. Bereits in den 1930er Jahren verlandete er aber insbesondere rundum seinen Festlandsockel, wobei 1954 der Friedrich-Wilhelm-Lübcke-Koog wurde. Auch in Teilen der Nösse, dem Ostteil der Insel Sylt, verläuft der Hindenburgdamm durch ein eingedeichtes Gebiet.

Immerhin 8,1 km führt der inzwischen zweigleisig ausgebaute Damm aber noch heute durch das Wattenmeer – mit krassen Folgen für die Umwelt: Der Gezeitenstrom, der einst die Insel Sylt komplett umspülte, wurde durch den Damm durchbrochen, und über den Damm haben sich Tiere wie Dachs und Fuchs eingeschlichen, die seither die Vögel auf der Insel bedrohen. Zudem hat der harte Tourismus in den letzten Jahrzehnten nicht nur der Natur der Insel geschadet.

Kurz nach der Jungfernfahrt über den Damm, bei dem auch Reichspräsident Paul von Hindenburg dabei war, schlug der damalige Bahndirektor Julius Dorpmüller vor, den Damm Hindenburgdamm zu taufen.

Diesen Namen trägt der Damm bis heute, obwohl Hindenburg mittlerweile aufgrund seiner Funktion als Wegbereiter von Adolf Hitler stark kritisiert wird. Daher kamen immer wieder Ideen für eine Umbenennung auf. So wurden schon Namen wie „Sylt-Damm“, „Friedensdamm“ oder „Nordfrieslanddamm“ vorgeschlagen. Ich würde den Damm ja einfach „Elisabethdamm“ nennen, denn Fürstin Elisabeth zu Wied war eine der Wegbereiterinnen des Sylt-Tourismus.


Weiterführende Links und Informationen:

* Meine Playlist mit Videos über Sylt



 
 
 

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