Rasiert oder unrasiert? - 10 Gründe gegen Rasieren
- Leif von Speyer
- 16. Feb. 2019
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 29. Jan. 2021
Schon als Kind habe ich nie verstanden, warum vor allem Frauen sich Beine und Achseln rasieren. Die Körperbehaarung an unserem Körper ist ja nicht zum Spaß da. Sie hat einen biologischen Zweck. Dieser Zweck ist durch unsere postmoderne Lebensweise teilweise obsolet geworden. Dennoch ergeben sich durch das Rasieren keine wirklichen Vorteile.

Insbesondere, als einige YouTuberinnen in Videos öffentlich gestanden, sich nicht mehr zu rasieren, wurde ich jedoch stärker auf das Thema aufmerksam. Als die YouTuberinnen darüber sprachen, klang das wie eine schlimme Beichte; es klang so als würden sie, etwas zugeben, dass man (oder besser: frau) nicht zugeben darf. Aber ist es wirklich so, dass es ein „Muss“ für eine Frau ist rasiert zu sein? Oder was die viel wichtigere Frage ist: Warum werden Frauen, die zu ihrer Körperbehaarung stehen als „eklig“, „unhygienisch“ und „abartig“ abgestempelt, aber Männer nicht?
Wenn man sich nämlich im Internet umschaut, findet man keine vergleichbaren Beichten von Männern. Kein Mann „outet“ sich irgendwo als Bartträger. Aber das Tragen eines Bartes ist bei Männern auch kein Tabu. Jeder Mann kann seinen Bart offen zeigen, ohne schief angeschaut zu werden. Von der Gesellschaft wird das als „normal“ angesehen. Auch Körperbehaarung an anderen Körperstellen des männlichen Körpers wird nicht thematisiert. Es wird als „männlich“ angesehen. Aber warum? Schließlich sind Frauen genauso Säugetiere wie Männer und Säugetiere haben nun mal Haare. Das ist sogar eines der essentiellen biologischen Merkmale von Säugetieren.
Ja, Körperbehaarung bei Frauen wird regelrecht verachtet. Das hört sich drastisch an, aber es ist leider wirklich so: Immer wieder stolpere ich im Internet über Zeitungsartikel, in denen über die „behaarten Sünden“ von Stars berichtet (z. B. Pippa Middleton oder Heidi Klum). Auch das Model Arvida Byström erntete einen Shitstorm, als es in einer Adidas-Werbung unrasierte Beine zeigte. Dabei ist es doch eigentlich gar nicht schlimm, wenn eine Frau nicht rasiert ist. Es ist keine Sünde, sich mal oder gar nicht zu rasieren!
Aber dieser Umgang mit Stars, die einfach mal keine Lust hatten sich zu rasieren, führt dazu, dass sich junge Mädchen und Frauen gar nicht mehr trauen, zu ihren Haare zu stehen. Nach meiner Recherche gibt es viele Mädchen und junge Frauen, die sich nur rasieren, weil sie denken, dass es von ihnen erwartet wird und ihnen das Selbstbewusstsein fehlt, zu sagen: „Ich lass meine Haare sprießen. Es ist ja mein Körper. Ich muss mir gefallen und nicht den anderen!“
Dieser negative Umgang mit weiblicher Körperbehaarung wird auch durch viele Kosmetik-Firmen verstärkt. In der Werbung über Rasierer werden stets glatt rasierte Frauen gezeigt, die sich eigentlich nicht mehr rasieren brauchen. Dies erzeugt bei jungen Mädchen und Frauen die Vorstellung, dass sie falsch, unnormal oder gar hässlich sind, weil sie Haare haben. Insbesondere im pubertären Alter sind viele aber noch gar nicht in der Lage, derartige Trends zu reflektieren. Im Gegenteil: Sie machen mit, weil sie dazu gehören wollen; dabei ist ihnen egal, wie sinnvoll oder sinnlos das ist.
Und damit kommen wir zum Knackpunkt: Die mediale Darstellung führt häufig zu einem falschen Bild von Körperbehaarung. Da viele Körperbehaarung nicht mehr gewöhnt sind, können sie das Vorhandensein von Körperbehaarung nicht mehr einordnen. Hierdurch entsteht das Bild, es sei unhygienisch oder abartig. Das ist aber falsch.
Die Körperhaare haben nämlich eine schützende Funktion: Sie schützen den Körper vor Keimen, die in die Haut oder in Körperöffnungen eindringen könnten, und sie leiten den Schweiß, von der Haut weg, wodurch der Kühlungseffekt verstärkt wird. Zudem helfen Haare dabei, dass die Haut nicht rau wird; wer Körperhaare trägt, braucht also keine Lotion, um feuchte, nicht raue zu haben. Darüberhinaus produzieren insbesondere Achselhaare ähnlich wie die Intimbehaarung Pheromone, welche die Libido steigern können.

Zudem ist Rasieren reine Zeitverschwendung. Studien zu Folge verbringen Frauen 72 Tage ihres Lebens mit dem Rasieren. Meiner Meinung nach kann man die Zeit sinnvoller nutzen. In dieser Zeit kann man mehr selbst gekochte Gerichte herstellen anstatt Fertigspeisen zu kaufen oder spendet die Zeit seinen Freunden und seiner Familie oder investiert sie in mehr Arbeitsstunden im Job, wodurch man mehr Geld bekommt und sich mehr teure, nachhaltige und fair gehandelte Produkte kaufen kann.
Zudem kostet der Kauf der ganzen notwendigen Beauty-Produkte kostet Geld, welches man sinnvoller investieren könnte. Von dem Geld könnte man sich aber auch nachhaltige oder umweltfreundliche Produkte kaufen. Zudem sind die Rasier-Produkte oft nicht nachhaltig: Sie enthalten viel Plastik oder andere Umweltgifte, die uns im Endeffekt nur schaden.
Darüber hinaus darf auch nicht vergessen werden, dass ständiges Entfernen der Haare der Haut auf Dauer schadet. Die Haut ist es von Natur aus nämlich gewöhnt, Haare zu haben. An den Stellen, wo die Haare ausgerissen oder geköpft werden, entstehen daher auf Dauer hauchdünne Verletzungen, die sich meistens als Pickel darstellen. Es können aber auch winzige Haarrisse, insbesondere an empfindlichen Stellen (wie z. B. im Intimbereich) entstehen, die der Haut auf lange Sicht so sehr schaden, dass sie spröde und rau wird oder sich gefährlich entzündet.
Apropos, Intimbereich. Da fällt mir auch noch was ein: Angeblich sollen Haare ja bei sexuellen Aktivitäten stören. Tatsächlich lassen sie diese aber intensiver werden, da die Haare auch beim Tastsinn eine wichtige Rolle spielen. Sie können das Gefühl der Haut intensivieren. Zudem bekommt man auch beim Oralverkehr selten Haare in den Mund, jedenfalls nicht mehr, wie bei lang wachsenden Kopfhaaren. In der Vagina der Frau selbst wachsen ja keine Haare, und auch nicht auf der Klitoris! Und mal ehrlich: An den paar Härchen ist noch keiner gestorben! Zudem produzieren die Schamhaare, wie eben schon erwähnt, sogenannte Pheromone.
Es spricht also sehr viel dafür, sich die Haare nicht zu entfernen. Letztlich ist es aber jedem Menschen selbst überlassen. Aber damit kommen wir auch wieder zum Ausgangspunkt. Die hier angeführten Argumente reichen aus, dass sich eine Frau dafür entscheidet, sich nicht zu rasieren. In einem solchen Fall hat niemand das recht, sie deswegen zu verurteilen oder herablassend über sie zu reden. Rasieren ist eine individuelle Entscheidung, zu der niemand gezwungen werden darf.
Das Ziel dieses Artikels ist nicht, allen Frauen jetzt vorzuschreiben, sich aus den genannten Gründen nicht mehr zu rasieren. Ich möchte aber einige Frauen dazu animieren, in sich zu gehen und sich zu fragen, warum sie sich rasieren. Sicherlich fühlt man/frau sich mit einer gewohnten Situation wohler, dennoch ist es falsch, sich nur zu rasieren, weil es erwartet wird.
Ferner gibt es mehr Männer, die sich an den Haaren stören als viele Frauen denken.
Ich hoffe, ich konnte ein paar Frauen helfen, offener damit umzugehen, dass sie schon immer mal sagen wollten: Ich rasiere mich nicht mehr! Und ich hoffe, ich konnte einigen Männer klarmachen, dass die Frau entscheidet, ob sie sich rasiert und nicht der Mann!
Ich würde mich auch freuen, wenn in Zukunft die Körperbehaarung von Frauen nicht mehr tabuisiert wird oder verpönt wird. Ich würde mich freuen, wenn wir noch vor wenigen Jahrzehnten eine Frau herumlaufen darf, wie sie gerade will. Ich würde mich freuen, wenn in den Medien Körperbehaarung genauso alltäglich ist wie der Körperrasur.
Ich wünsche mir, dass ich mit diesem kleinen Artikel dazu beitragen kann, dass das Thema „Körperbehaarung“ einen besseren Stellenwert und mehr Akzeptanz in der Gesellschaft bekommt!
Weiterführende Links und Quellen:
* RaumplanungTV: Rasiert oder unrasiert? auf meinen YouTube-Kanal
* Raumplanung TV: So rasiert man umweltfreundlich! auf meinem YouTube-Kanal
YouTuberinnen „outen“ sich zu ihrer Körperbehaarung:
Hashtags: #noshave #zerowaste #raumplanungtv #folgemir
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