Obus oder Dieselbus – was ist wirtschaftlicher?
- Leif von Speyer
- 16. Feb. 2019
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 29. Jan. 2021
Spätestens seit der Ölkrise rücken Alternativen zu mit Benzin betriebenen Verkehrsmittel immer wieder in den Vordergrund. Dabei existieren elektrische Nahverkehrsmittel bereits seit dem späten Jahrhundert. Dazu zählt auch der Obus.

Am 21. Juni 1881 fuhr in Berlin-Lichterfelde die erste Straßenbahn der Welt; und nur wenige Monate später, am 29. April 1882, fuhr in Berlin auch der erste Oberleitungsbus (Obus). Der Oberleitungsbus erlebte seine Ära jedoch erst nach dem Zweiten Weltkrieg, als viele deutsche Städte zugunsten des steigenden Individualverkehrs ihre Straßenbahnsysteme stilllegten. Da der Obus jedoch durch seinen Fahrdraht an Trassen, welche mit der nötigen Infrastruktur ausgestattet sind, gebunden ist, wurde er insbesondere in Deutschland im Laufe der 1970er Jahre vielerorts sukzessive ebenfalls stillgelegt.
Nur in Kaiserslautern, Esslingen (Neckar) und Solingen im Westen bzw. Eberswalde im Osten konnte sich der Obus bis in die 1980er Jahre halten. Hinzu kamen in den 1980er Jahren jedoch zwei neue Systeme: der Obus Essen und der Obus Weimar. Leider überstand der Obus Kaiserslautern die 1980er Jahre jedoch nicht mehr und verschwand am 30. Mai 1985 endgültig. Die frischen Systeme in Essen und Weimar wurden schließlich auch wieder stillgelegt. Während der Essener Betrieb sogar die neue Technik des Spurbusses (Obus wird mittels einer Schiene auf einer festen Spur geführt) erprobt wurde und somit Vorbild für viele vergleichbare Systeme in vielen französischen und südeuropäischen Städten (z. B. Nancy oder Padua) war, scheiterte die Wiedereinführung des Obusses in Weimar kurz nach der Wende an der unerwartet schnellen Zunahme des motorisierten Individualverkehrs in der ehemaligen DDR. So sind bis heute nur die Obusbetriebe in Esslingen (Neckar), Solingen und Eberswalde geblieben.
Die Zahl der Städte in Deutschland, in denen sich ein Obus als leistungsfähig erweisen würde, ist hoch. Insbesondere auf stark befahrenen Achsen in Kleinstädten oder zur Ergänzungen zu einem Straßenbahnnetz, wo die Straßenbahn nur schwer hinkommt, bietet sich der Obus nicht zuletzt aus Kostengründen und seiner Flexibilität gegenüber dem schienengebundenen Verkehr an. Zwar ist der Obus an seine Fahrleitung gebunden, jedoch kann er davon in der Regel in einem gewissen Bewegungsspielraum abweichen. Sicherlich stellen heutzutage auch mit Brennstoffzellen betriebene Busse eine billigere Alternative zum Obus dar, doch auch von diesen kann sich der Obus absetzen: Durch die dominante Infrastruktur fällt er den Nutzern stärker auf, sodass sie eher dazu neigen, den Obus zu nutzen. Außerdem ist die Brennstoffzellentechnologie mit verschiedenen chemisschen Gefahren verbunden.
In den folgenden beiden Tabellen werden daher die Vor- und Nachteile des Obusses den Vor- und Nachteile des Busses gegenübergestellt:
Vor- und Nachteile von Obussen
Vorteile + erdölunabhängig
+ umweltfreundlich
+ guter Nutzungsgrad im Teillastbereich
+ wartungsarm, robust
+ größeres Anfahrdrehmoment als der Dieselbus
+ Kraftreserve durch Überlastungsmöglichkeit des
Elektromotors
+ besonders geeignet für längere Steigungen
Nachteile
– Infrastruktur notwendig (Fahrleitungsmasten, Oberleitung)
– räumlich unflexibe
Vor- und Nachteile von Dieselbussen
Vorteile
+ kostengünstiges Massenprodukt
+ einfacher Betrieb
+ einfache Wartung
+ extreme räumliche und betriebliche Flexibilität
+ infrastrukturelle Maßnahmen zum Betrieb sind
kaum erforderlich
Nachteile
– erdölabhängig
– umweltbelastend
– schlechter Wirkungsgrad im Teillastbereich
Bei den Vorteilen von Dieselbussen ist insbesondere zu beachten, dass sich die einzigen aussagekräftigen Vorteile mit denen des Obusses überschneiden. Das Argument, Dieselbusse seien räumlich flexibler als Obusses, ist heute vielerorts widerlegt. Wegen des zunehmenden Umweltbewusstseins oder zunehmenden Verwendung von Gelenkbussen auf stark befahren Buslinien nimmt diese Flexibilität nämlich ab: Dieselbusse können nicht mehr durch enge, kurvige Straßen fahren, sondern nutzen heute auch oft die großen, breiten Hauptstraßen. Außerdem ist sowohl beim Dieselbus als auch beim Obus eine in verschiedenen parallel laufenden Straßen führende Trassierung möglich.
Zusammenfassend „gewinnt“ also der Obus. Daher bietet sich der Obus als gutes Verkehrsmittel für die Zukunft an, insbesondere in solchen Städten, in denen eine Straßenbahn zu aufwendig, zu teuer oder aufgrund der Fahrgastzahlen nicht lohnenswert ist.

Weiterführende Quellen
* Dittemer, Thomas (1985): Vergleich Obus/Dieselbus, Universität Kaiserslautern, Kaiserslautern.
* Welcher Vorteile bietet der Obus?, Berliner Verkehrsbetriebe, abgerufen am 11.11.2015
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