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Hunsrück-Hochwald – Nationalpark der Alleinstellungsmerkmale

Aktualisiert: 28. Mai 2021

Nationalparke sind heute viel mehr als nur Schutzgebiete. Besonders die in den letzten Jahren neu entstehen Nationalparke sind auf aus ökologischer als auch aus ökonomischer Sicht von großer Bedeutung, denn Umwelt- und Naturschutz wurden vielfach mit Umweltbildung und Tourismus kombiniert. Ein besonderes Beispiel dafür ist der Nationalpark Hunsrück-Hochwald in Rheinland-Pfalz, über den ich sowohl meine Bachelor- als auch meine Masterarbeit geschrieben habe.

Ringwall Otzenhausen: Denkmal- und Naturschutz treffen im Nationalpark Hunsrück-Hochwald auf Tourismus

Nationalparke spielen in unserer durch moderne Technologien und Umweltzerstörungen geprägten Welt eine herausragende Rolle, da es durchaus auch in Mitteleuropa einzigartige, schützenswerte Landschaften gibt. Deshalb wurden in den letzten Jahrzehnten in Deutschland zunehmend Nationalparke errichtet. Während zu Beginn hierbei vor allem das Hauptaugenmerk auf Umwelt- und Naturschutz gelegt wurde, rücken jedoch zunehmend auch ökonomische Faktoren in den Vordergrund; in einer interessanten Studie von Hubert Job wurde hierzu vor einigen vor allem der touristische Faktor bei der Erweiterung und Erhaltung des Nationalparks Bayrischer Wald beleuchtet.


Sowohl aus ökologischer Sicht als auch aus ökonomischer Sicht bieten sich ohnehin strukturschwache Räume für die Errichtung von Nationalparken an. Daher wirken sich Nationalparke dort oft auch gut auf die regionale Wirtschaft aus. Aus diesem Grund entschied sich die Landesregierung Rheinland-Pfalz für die Errichtung eines Nationalparks im strukturschwachen Hunsrück statt im Pfälzerwald, der sich aus ökologischer Sicht möglicherweise besser geeignet hätte.


Die Einweihung des Natiponalparks Hunsrück-Hochwald fand am ersten Pfingstwochenende 2015 statt. Ein Schwerpunkt des Nationalparks liegt dabei bei der Bedeutung des Hunsrück als wichtigem Kultur- und Naturraum im Zentrum von Europa. Das Gebiet erstreckt sich von der Primstalsperre bei Nonnweiler über Börfink und Kempfeld bis zum Mörschieder Burr; es umfasst eine Fläche von ca. 11000 km².


Die Kombination von Kultur- und Naturdenkmälern unter dem Deckmantel eines Nationalparks ist in dieser Form relativ neu. Tatsächlich zeichnen sich der Nationalpark Hunsrück-Hochwald und die ihn umgebende Region durch eine Vielzahl an Alleinstellungsmerkmalen aus. Ein paar dieser Alleinstellungsmerkmale möchte in diesem kleinen Blog-Artikel näher erläutern.

Windfang am Erbeskopf

Im Zentrum des Nationalparks befindet sich der Erbeskopf. Der Erbeskopf ist mit einer Höhe von 816 m der höchste deutsche Berg westlich des Rheins. Zudem befindet sich hier eine der höchsten deutschen Skipisten außerhalb der Alpen. Heute befindet sich auf dem Gipfel eine Richtfunkstation, die von den Alliierten im Kalten Krieg zur Abhörung der DDR diente. In unmittelbarer Nähe befindet sich aber die Skulptur Windfang, von der aus man einen sehr guten Blick auf den Nationalpark und den Hunsrück hat.


Unter dem Erbeskopf befindet sich außerdem der Bunker „Erwin“, welcher im Zweiten Weltkrieg erbaut wurde und heute von den alliierten Streitkräften der NATO weitergenutzt wird. Außerdem befindet sich am Fuße des Erbeskopf auch die Siegfriedquelle, an der Siegfried getöten worden sein soll, denn Hagen von Tronje kommt der Legende aus Dhronecken, das sich nur wenige Kilometer entfernt befindet.


Ferner befindet sich am Erbeskopf auch das Nationalparkzentrum im Hunsrückhaus. Dieses wurde zunächst als Infozentrums des Naturparks Saar-Hunsrücks, in dem der Nationalpark Hunsrück-Hochwald liegt, errichtet, und seit 2015 neu ausgerichtet. Hier kann man viel über die Geschichte des Hunsrücks sowie seine Fauna und und Flora lernen.

Typisch für den Nationalpark: Urwaldartige Buchenwälder

Ein besonderes Merkmal sind die für viele deutschen Mittelgebirge eher untypischen Buchenwälder. Nachdem im Mittelalter ein Großteil der deutschen Wälder abgeholzt war, wurden vielerorts bei der Wiederaufforstung ab der Zeit des Barock hauptsächlich Eichen und Kiefern errichtet, da deren Holz sich besser für Möbel eignet. Obzwar diese Wiederaufforstung auch aus Gründen früher Nachhaltigkeit stattfand, wurde noch wenig Wert auf heimische Bäume gelegt.


Im Hunsrück haben aufgrund des teilweise schwer zugänglichen Geländes jedoch einige Buchen überlebt oder wurden zur Stabilisation der Böden angepflanzt. Im Hunsrück findet man den größten zusammenhängenden deutschen Buchenwald westlich des Rheins. Besonders viele schöne Buchenwälder findet in den Nationalparkgemeinden rundum Börfink.

Hochmoor

Nahezu einzigartig in Deutschland sind auch die Hochmoore im Schwarzwälder und Osburger Hochwald, von denen auch einige unmittelbar im Nationalpark liegen. Bei den auch „Brücher“ genannten Mooren handelt sich um einzigartige Lebensräume, die mitverantwortlich für die Ausweisung der Region als Nationalpark waren. Die Moore konnten sich hier bilden, da das niederschlagsreiche, nebelreiche und kühle Klima der Hunsrückhöhen die idealen Voraussetzungen für die Entstehung dieser Vegetationszonen gibt, die sich an Stellen befinden, an denen sich nährstoffarmes Wasser aus geologischen Gründen aufstaut. Leider wurden einige Moore im Hunsrück ausgetrocknet, um die Fläche für die Forstwirtschaft zu nutzen; diese Moore sollen in den nächsten Jahrzehnten renaturiert werden.


Ein weitere besonderer Lebensraum sind auch die Rosselhalden. Dabei handelt es sich um riesige Steinansammlungen, die durch physikalische Verwitterungsprozesse entstanden sind; fachsprachlich spricht man auch von Blockschutthalden. Viele dieser Rosselhalden sind seit schon seit Jahrzehnten als Naturschutzgebiete ausgewiesen, weil sie sich durch eine besondere Fauna und Flora auszeichnen, die an die starken Temperaturschwankungen, die hier vorherrschen, angepasst sind. Auf den Rosselhalden findet man vor allem Reptilien wie Eidechsen und Schlangen, die in Deutschland inzwischen leider selten geworden sind. Durch die Ausweisung als Nationalpark will man die Population dieser Reptilien, aber auch vieler andere Tierarten wie Insekten- und Vogelarten auf den ebenfalls integrierten Wiesen- und Waldgebieten erhalten und vermehren.


Bedeutsam ist der Hunsrück auch wegen seiner Geologie und Tektonik. Hier finden sich Formationen, die in dieser Form sonst nur in den Alpen und im süddeutschen Schichtstufenland vorkommen, aber für die Mittelgebirgsschwelle eher untypisch. Auffällig sind im Hunsrück auch die tief eingeschnittenen Täler und sein nivales Klima. Bemerkenswert ist zudem das 400 bis 500 m Hunsrückplateau, eine der flächenmäßig größten Gebirgshochflächen in Europa.

Eine Wildkatze im Hunsrück (?) (Quelle: Pixabay)

Als Galionsfigur des Nationalparks ist besonders die Wildkatze hervorzuheben, denn der Hunsrück bildet noch vor der Eifel und dem Pfälzerwald das größte deutsche Verbreitungsgebiet der Wildkatze in Deutschland; hier kommen mindestens 400 Individuen vor. Hierbei ist vor allem zu bedenken, dass ein ein Kuder bis zu 2.500 Hektar beanspruchen kann. Für die Mäusejagd bevorzugen Wildkatzen frischgemähte Wiesen; allerdings verbringen Wildkatzen viel Zeit in Deckung der dunklen Wälder des Hunsrücks und in Höhlen. Besonders im Umfeld der Wildenburg soll man sie aber erhaschen.

Turm der Burg Wildenburg

Daher entstand am Fuße der Wildenburg auch das Wildkatzenzentrum. Dies ist ein Wildfreigehege, das sich schwerpunktmäßig auf die Zucht und den Schutz von Wildkatzen konzentriert. Hier werden verletzte oder verwaiste Wildkatzen aufgepäppelt und später wieder ausgewildert. Im Wildfreigehege Wildenburg findet man aber auch viele andere typischer Hunsrücke Tierarten, unter anderem auch Wildschweine sowie Rot- und Dammwild.


Das Wildkatzenzentrum hat seinen Namen übrigens von der Burg Wildenburg bei Kempfeld aus dem 14. Jahrhundert, von der nur noch der markante Turm übrig ist. Die Burg befindet sich oberhalb des Wildkatzenzentrums und geht auf eine römische Festung zurück, die möglicherweise anstelle aus keltischen Ringwalls entstand.


Derartige Burgen römischen oder keltischen Ursprungs sowie Ringwälle sind typisch für den Hunsrück, in dem Römer und Kelten lange symbiotisch miteinander lebten. Weitere bekannte Ringwälle in der Nationalparkregion befinden sich in Kirchweiler und Otzenhausen. Zudem gibt es eine keltische Siedlung in Bundenbach bei Rhaunen, die sogenannte Altenburg.

So hoch ist der Ringwall!

Der Ringwall Otzenhausen bei Nonnweiler gehört zu den größten keltischen Anlagen in Mitteleuropa. Es handelt sich um die Überreste der Mauern einer keltischen Höhenburg, die schon in vorrömischer Zeit entstand. Damals waren die Steine in Holzschalen gefasst und bildeten dadurch massive, kaum einnehmbare Mauern. Anhand von archäologischen Farbresten im Boden kann man erkennen, dass hier einst Holzpfähle im Boden standen.


Als in spätrömischer Zeit die Burg aufgegeben wurde vermoderte das Holz und es blieben die Steine übrig. Da man sich schon im Frühmittelalter nicht erklären konnte, wie der Steinwall entstanden ist, glaubte man, dass es Hünen gewesen sein müssen, welche die Steinwälle erbaut haben. Daher wird der Ringwall auch Hünen- oder Hunnenring genannt. Wie eben beschrieben, hat der Name aber nichts mit den Hunnen zutun.


Auch in römischer Zeit wurde die Burg noch benutzt. Während sie womöglich noch zu Caesars Zeiten eine uneinnehmbare Bastion war, diente sie allerdings ab dem ersten nachchristlichen Jahrhundert als römische Siedlung. Auf dem Gelände entstand daher ein gallorömischer Tempel. Dieser zeugt davon, dass bis 395 im römischen Reich Religionsfreiheit galt, wodurch sich keltische, germanische und römische Kulte seinerzeit vermischten und somit auch später im Christentum übernommen wurden, als dieses dann offiziell Staatsreligion wurde.

Römergrab bei Siesbach

Im Hunsrück findet man auch andere Erinnerungen an die Römerzeit. Dazu zählt auch das Römergrab bei Siesbach. Er wurde 1976/77 freigelegt und zeichnet sich besonders durch die 1,2 m hohe Plastik an seiner Spitze auf: Auf dem Kapitell einer dorischen Säule sitzt ein Adler, der eine Schlange gefangen hat, auf einem Pinienzapfen. Dies ist ein Fruchtbarkeitssymbol. Leider kann man von Siesbach aus den Grabhügel nur schwer erreichen, da nur ein Waldweg dorthin führt; allerdings für eine asphaltierter Forstraße aus Leisel kommend hier vorbei.


Nur wenige Kilometer von der Nationalparkgemeinde Siesbach entfernt liegt auch die Kultstätte Heiligenbösch, wo sich neben der neuzeitlichen Kirche die Überreste eines spätrömischen Caldarium (Warmbad) befinden. Beide Denkmäler befinden sich am Sirona-Weg, einem Ferienwanderweg, der viele bedeutende römische und keltische Baudenkmäler miteinander verbindet, darunter auch Tempelbezirk in Sötern, einem Ortsteil der Gemeinde Nohfelden.


Im Norden der Nationalparkgemeinde Morbach befindet sich zudem der Archäologiepark Belginum. Hierbei handelt es sich um einen ehemaligen römischen Handelsplatz, der sich an einer Kreuzung der Ausoniusstraße mit einer Straße von Trier an die Nahe befand. Auf dem Gelände befindet sich auch ein historischer Friedhof, auf dem römische und keltische Grabstätten liegen, die aus der Zeit zwischen 400 v. Chr. und 400 n. Chr. stammen.


Die Ausoniusstraße ist eine Straße, die von Trier an der Mosel bis Neumagen-Dhron und von dort über Morbach und Kirchberg im Hunsrück nach Bingen führte. Bekannt wurde sie durch den römischen Reiseführer Mosella des römischen Schrifstellers Decimus Ausonius. Teile der historischen Römerstraßen tangieren die Nationalparkregion und sind zum Teil als Landschaftsdenkmäler noch zu erkennen.


Apropos, Ausonius widmete dem Hunsrück in seinem Reiseführer nur fünf Zeilen, aus denen man aber viel über die wichtigen Merkmale des Hunsrücks in der Römerzeit ablesen kann: Unde iter igrediens nemorosa per avia solum et nulla humani spectans vestigia cultus praetero arentem sitientibus undique terris Dumnissum riguasque perenni fonte Tabernas arvaque Sauromatum nuper metata colonis. Deutsche Übersetzung nach Reclam: Dort begann ich den einsamen Weg durch waldige Wildnis, sah nirgends auch nur eine Spur von menschlichem Anbau, ging auch vorbei am trockenen Dumnissus [heute: Kirchberg im Hunsrück], das ringsum lechzende Felder umgeben, auch an Tabernae, das ständig fließendes Wasser besitzt, und an der Flur, die man jüngst sarmatischen Siedlern zumaß.


Ein weiteres bedeutendes römisches Baudenkmal in der Nationalparkregion ist das erst 2010 freigelegte Militärlager bei Hermeskeil. Dies geht auf Caesars Germanienfeldzug zurück und umfasst ein Areal von 30 Hektar! Es handelt sich um die bisher älteste in Deutschland gefundene römische Bastion; bis zu seiner Entdeckung galt die erst Ende des 20. Jahrhunderts gefundene Garnison auf dem Petrisberg als älteste römische Militäranlage.

Porta Nigra: Tor zur römisch geprägten Hunsrückregion

Ein weiteres besonders Baudenkmal ist das historische römische Vicus Wareswald, das ähnlich wieder Archäologiepark Belginum vermutlich ein wichtiger gallorömischer Handelsplatz war. Des Weiteren befinden sich unweit des Nationalparks auch Deutschlands älteste Stadt Trier, die besonders für ihre vielen römischen Bauten aus dem vierten und fünften Jahrhunderten bekannt ist. Auch die Villa Borg bei Perl ist nicht weit vom Nationalpark entfernt.

Walholzkirche bei Morbach

In der Region gibt es auch viele Bauwerke aus dem Mittelalter. Dazu zählen auch verschiedene Burgen wie die Burgen Baldenau und Hunolstein bei Morbach oder die Stadtmauern von Herrstein. Besonders interessant ist auch die Walholzkirche am Ortsrand des Morbacher Ortsteil Weiperath. Diese mittelalterliche Kirche steht frei von sämtlicher örtlicher Bebauung. Im Hunsrück (und im Hochwald) gab es im Mittelalter viele solcher Kirchen. Die Kirche ist jedoch leider schlecht ausgeschildert.

Edelsteinmuseum in Idar-Oberstein

Das bedeutendste Alleinstellungsmerkmal der Region ist die Edelsteinindustrie. Diese entwickelte sich nach dem Auffinden von Achat- und Jaspis-Vorkommen in Mambächel (heute Truppenübungsplatz Baumholder), Weißelberg bei Oberkirchen und Steinkaulenberg bei Idar-Oberstein schon in der Antike. Bereits Römer und Kelten bauten in der Region wertvolle Achate ab; heute kommen viele Edelsteine jedoch aus Brasilien, wohin im 19. Jahrhunderte viele Hunsrücker hin auswanderten.

Edelsteinbrunnen in Kirschweiler

Die ersten Edelsteinschleifereien werden jedoch erst ab dem 16. Jahrhundert sicher belegt. Das Gewerbe erreichte in der Folgezeit ein bisher ungekanntes Ausmaß. Die daraus resultierende Kombination aus Edelsteinabbau, Edelsteinbearbeitung und Edelsteinverkauf sowie der damit verbundenen Ausbildung in der Edelsteinbranche im Zusammenhang mit der jahrhundertelangen Geschichte der Edelsteinindustrie gilt weltweit als einzigartig. An die Bedeutung erinnert unter anderem auch das Edelsteinmuseum in Idar-Oberstein, in dessen unmittelbarer Nähe sich die Deutsche Diamant- und Edelsteinbörse befindet, die neben den Edelsteinbörsen von Antwerpen, Amsterdam und Brüssel zu den größten Edelsteinhandelszentren der Welt zählt.


Vor Entstehung des Nationalparks war deshalb der Tourismus im Landkreis Birkenfeld hauptsächlich durch die Vermarktung der Edelsteinindustrie rundum Idar-Oberstein geprägt. Daher entstand auch die „Deutsche Edelsteinstraße“, welche auf 70 km Idar-Oberstein mit verschiedenen mit der regionalen Edelsteinindustrie verbundene Gemeinde miteinander verbindet. Dabei führt sie bereits durch eine Vielzahl der Nationalparkgemeinden, z. B. Allenbach, Herrstein, Kempfeld, Kirschweiler und Sensweiler. Im Kempfelder Ortsteil Katzenloch wird der Nationalpark sogar unmittelbar durchquert. Die Edelsteinstraße wird durch einen stilisierten Edelstein markiert. Die „Deutsche Edelsteinstraße“ wurde 1974 gegründet.


Auf der Fahrt entlang der Edelsteinstraße kommt man auch am Edelsteinbrunnen in Kirschweiler vorbei sowie beim Edelsteingarten in Kempfeld vorbei. Im Edelsteingarten in Kempfeld bekommt man die okkultische Bedeutung vieler Steine erklärt. Ferner sind viele Edelsteinminen begehbar. In den Edelsteinminen werden hin und wieder auch Fossilien gefunden, die aus der Urgeschichte des Hunsrücks erzählen.

Hier begann die saarländische-westpfälzische Verhüttung: Hütte Abentheuer

Neben der Edelsteinindustrie spielte in der Vergangenheit auch die Erzverhüttung eine wichtige Rolle in der Region. Der Hunsrück gilt nämlich heute als Wiege der Erzverhüttung in der Saar-Hunsrück-Region. Bereits in keltischer Zeit wurden im Hunsrück im Schiefer Erze entdeckt und verarbeitet. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich insbesondere eine bedeutende Eisenindustrie, mit der die Grundlagen für die moderne Verhüttung und Industrialisierung geschaffen wurden. Bedeutende Stätten dieser Verhüttung sind die Asbacherhütte bei Asbach, die Hütte Abentheuer, die Mariahütte und der Züscher Hammer. Die ersten beiden Hütten wurden von den Gebrüdern Stumm gegründet. Einige der Gusserzeugnisse aus Abentheuerer Hütte und Asbacherhütte können heute im Landesmuseum in Birkenfeld besichtigt werden.


Die noch heute im Besitz der Familie Böcking befindliche Abentheuerer Hütte gilt als größte Eisenhütte der Region. Von der Hütte sind bis heute verschiedene Einrichtungen in Form von Gebäuderesten und Resten des Hochofens erhalten. Der Hochofen in Abentheuer gilt als erster Hochofen im Hunsrück. Auf dem Gelände befinden sich auch ein betriebsfähiges Wasserrad und ein einzigartiges, intaktes unterirdisches Rohrleitungsnetz. Das Gelände ist heute im Privatbesitz und kann nur in Form von Führungen besichtigt werden; vor allem am Tag des offenen Denkmals am zweiten Sonntag im September wird der Komplex häufig der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.


Allerdings können Teile der Anlage von der Traumschleife „Trauntal-Höhenweg“ eingesehen werden. Auch hier lässt sich aus eine bessere Vermarktung aus Gründen der privaten Geländenutzung nicht umsetzen. Dieser Trauntal-Höhenweg zählt übrigens zu den schönsten Traumschleifen des Hunsrücks und führt auch an vielen anderen regionalen Highlights vorbei. Traumschleifen sind Premium-Wanderwege, welche Abstecher des Saar-Hunsrücks-Steigs darstellen, welcher von Schengen in Luxemburg quer durch den Hunsrück bis Boppard führt und dabei auch viele Orte im Nationalpark passiert.


Ein weiteres Relikt der Erzverhüttung im Hunsrück ist der Züscher Hammer. Dieser Hammer befindet sich tatsächlich fast unmittelbar im Nationalpark Hunsrück-Hochwald. Von der Anlage sind heute noch einige Grundmauern der 1765 errichteten Anlage vorhanden. Die Mühle zur Betätigung des Hammerwerks ist heute noch betriebsfähig und kann bei Führungen in voller Funktion besichtigt werden. Der Züscher Hammer ist von Neuhütten sehr leicht zu Fuß zu erreichen.


Insbesondere im Hochwald wurde das Eisenerz per Tageabbau abgebaut. Dazu wurde das Eisen noch bis 1860 aus Toneisensteinen, den sogenannten „Lebacher Eiern“ herausgeschlagen. Die Gewinnung von Eisen auf diese Weise ist jedoch sehr aufwendig und unwirtschaftlich im Vergleich zu anderen Methoden. Lebacher Eier findet man in der Region um Nonnweiler und im nördlichen Saarland bis heute. Für Kinder sind das Zerschlagen von Lebacher Eiern und das damit verbundene Entdecken von Eisen jedoch sicher interessant.

Stumm-Orgel in Herrstein

Ein Alleinstellungsmerkmal des Hunsrücks stellt auch die Orgelbauerfamilie Stumm dar, die im Laufe von 180 Jahren mehr als 400 Orgeln gebaut hat; von diesen Orgel ist heute noch Großteil heute in ganz Deutschland in Betrieb. Die meisten dieser Orgeln findet man heute in der Nationalparkregion, insbesondere im Dreieck um die Orte Rhaunen, Sulzbach und Stipshausen, wo die Traumschleife „STUMM-Orgel-Weg“ verläuft. Eine Besonderheit dieser Traumschleife stellt die Möglichkeit dar, per Audiothek die Musik der Orgeln auch bei geschlossenen Kirchen hören zu können. Ich finde den Orgelwanderweg jedoch noch nicht gelaufen, finde die Idee mit der Hörbarkeit der Orgeln aber sehr gut.

Café HEIMAT im Geburtshaus von Edgar Reitz

In der Nationalparkgemeinde Morbach befindet sich zu dem auch das Geburtshaus des bekannten Regisseurs Edgar Reitz, in dem sich seit 2013 das Cafè HEIMAT befindet. Reitz hat durch seine mehrteilige Filmreihe Heimat, deren Handlung im fiktiven Ort Schabbach spielt, den Hunsrück überregional bekannt gemacht. Im Obergeschoss des Gebäudes befindet sich daher auch ein Museum, das die Geschichte der Filmreihe erzählt sowie Relikte und Requisiten zeigt. Reitz kommt auch häufig für Autogrammstunden hierher, aber leider hatte ich noch nicht die Chance, ihn zu treffen. Er begrüßt übrigens die Vermarktung seiner Filme und seines Geburtshauses.

Gehlweiler war Drehort für die Filme der Reihe "Heimat"; hier war die Kulisse u.a. die Schmiede Simon

Die meisten Szenen des fiktiven Ortes „Schabbach“ der HEIMAT-Filme wurden in den Gemeinden Woppenroth und Gehlweiler im Rhein-Hunsrück-Kreis gedreht. Beide Orte liegen nicht in der Nationalparkregion. Während in den Filmen der klassischen Heimat-Trilogie hauptsächlich in Woppenroth gedreht wurde, wurde im Kinofilm „Die andere Heimat“ vor allem in Gehlweiler gedreht. In allen Filmen befindet sich die Kulisse für die Schmiede Simon jedoch in Gehlweiler; die genutzte Hofanalage zählt zu den bedeutendsten Anlagen dieser Art in der Region. Weitere Drehorte außerhalb der Nationalparkregion waren Bell bei Kastellaun, Büchenbeuren, Kirchberg (Hunsrück), Maitzborn, Mengerschied, Oberwesel, Ravengiersburg, Sargenroth und Simmern/Hunsrück. In der Nationalparkregion war vor allem die Gemeinde Rhaunen Drehort; dort wurde hauptsächlich am historischen Rathaus gedreht. Außerdem war auch die Burg Baldenau bei Morbach Kulisse in der Filmreihe.

Deutschlands schönste Ferienstraße: die Hunsrückhöhenstraße

Die Nationalparkregion ist übrigens heute leider nur per Straße erreichbar. Hierzu kann man vor allem die Hunsrückhöhenstraße nutzen, welche zum Teil der alten Ausoniusstraße folgt. Erbaut wurde die Straße in den 1938 in nur 100 Tagen und sollte als schnelle Verbindung zum Westwall dienen. Sie zählt zu den interessanten deutschen Fernstraßen, da sich entlang der Straße diverse schöne Landschaften und Sehenswürdigkeiten von der Antike bis zur Neuzeit besichtigen lassen. Viele der in diesem Text erwähnten Sehenswürdigkeiten sind gut von der Hunsrückhöhenstraße aus erreichbar. Der Nationalpark wird aber nur nördlich tangiert.


Eine weitere wichtige Verkehrsverbindung in der Nationalparkregion ist die Hunsrückquerbahn, welche teilweise parallel zur Hunsrückhöhenstraße verläuft. Eine Reaktivierung der aktuell stillgelegten Strecke ist in naher Zukunft geplant. Aus ökologischer und nachhaltiger ist es durchaus zu befürworten, die Strecke zu reaktivieren, da dies den sanften Tourismus fördern würde. Über die Hunsrückquerbahn habe ich bereits einen Blog Artikel veröffentlicht; in diesem Artikel werden auch einige Sehenswürdigkeiten im Hunsrück erwähnt.

Weiterführende Links:

* Video über den Nationalpark auf meinem YouTube-Kanal

* Video über die Nationalparkregion auf meinem YouTube-Kanal

Literatur:

* Fritsch, Thomas (2004): Der "Hunnenring" bei Otzenhausen. Unter Mitarbeit von Redaktion: Karl Peter Wiemer. Köln (Heft 483).

* Hannemann, Tobias; Job, Hubert (2003): Destination „Deutsche Nationalparke“ als touristische Marke. In: Tourism Review (2).

* Kronenberg, Ulrich (2017): Unterwegs im Hunsrück. Zu den Film-Drehorten von HEIMAT: erschienen als E-Book. Online verfügbar unter https://lesen.amazon.de/?asin=B072F72XTX, zuletzt geprüft am 19.08.2017.

* Kultur.Landschaft.Digital. (KuLaDig) (2015): Alte Schmiede in Gehlweiler, zuletzt aktualisiert am https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-248580, zuletzt geprüft am 19.08.2017.

* Ministerium des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz (Hg.) (2004): Dokumentation Ehrenamtspreis 2004. für herausragendefür herausragende kommunale Projekte in Rheinland-Pfalz. Online verfügbar unter https://www.edoweb-rlp.de/resource/edoweb:1638730-1/data, zuletzt geprüft am 27.09.2017.

* Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten Rheinland-Pfalz (Hg.) (2016): Nationalpark Hunsrück-Hochwald. Umweltjournal (59). Mainz.

* Rheinisches Landesmuseum Trier (Hg.) (2008): Führer zu den archäologischen Denkmälern des Trierer Landes. Trier (Schriftenreihe des Rheinischen Landesmuseums Trier, Nr. 35).

* SWR (2016): Fahr mal hin: Unterweg auf der Hunsrückhöhenstraße - Highway der Geschichte. Weitere Beteiligte: Bernd Schwab (Redakteur). Online verfügbar unter https://www.swr.de/fmh/highway-der-geschichte-unterwegs-auf-der-hunsrueckhoehenstrasse/-/id=100722/did=14156618/nid=100722/16c033s/index.html, zuletzt geprüft am 27.09.2017.


 
 
 

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