Alfeld an der Leine
- Leif von Speyer
- 12. Feb. 2021
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4. März 2023
Durch meine lange Arbeitslosigkeit, die seit Ende meines Studiums im März 2018 bis heute (Stand Februar 2021) anhält, verschlägt es mich im Rahmen von Vorstellungsgesprächen immer wieder in interessante Gegenden und Städte in Deutschland, die ich anders womöglich nie auf dem Plan gehabt hätte. So verschlug es vor etwa einem Jahr nach Alfeld an der Leine. Sowohl aus raumplanerischer als auch aus kultureller Sicht konnte ich in dieser Stadt viele interessante Dinge entdecken, die ich bereits auch in einem Video verarbeitet habe.

Alfeld liegt geographisch im Schatten von Hannover zwischen Hildesheim und Göttingen. Mit rund 20.000 Einwohnern ist Alfeld die größte Stadt im Landkreis Hildesheim. Obwohl es hinsichtlich seiner Einwohnerzahl recht klein ist, so war es zu Beginn des 19. Jahrhunderts neben Dillingen, Kaiserslautern und Wuppertal aufgrund ihrer Bedeutung für den Tuchhandel eine der ersten Industriestädte Deutschlands. Die Geschichte von Alfeld reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück, als die Stadt als Parallelgründung zur Hildesheimer Dammstadt entstand. Stadtrechte erhielt Alfeld bereits im 13. Jahrhundert und war ab dem 15. Jahrhundert Teil des sächsischen Städtebundes. Damit war Alfeld indirekt auch eine Hansestadt. Mit dieser Bedeutung als wichtige Handelsstadt für Bier, Hopfen und Leinen begann auch ihr Siegeszug als Industriestadt.
Die Bedeutung von Alfeld als Industriestadt zeigt sich heute noch vor allem durch die das Stadtbild dominierende Papierfabrik Sappi geprägt, welche auf eine der ältesten deutschen Papierfabriken zurückgeht. Sie entstand nämlich bereits 1706 als Papierfabrik Familie Spies und wurde 1992 schließlich von der South African Pulp and paper Industries, kurz Sappi, übernommen. Bis heute ist die Papierfabrik der größte Arbeitgeber der Region.

Eine weitere bedeutende Fabrik in Alfeld ist das Fagus-Werk. Dabei handelt es sich um eine Anfang des 20. Jahrhunderts erbaute Schuhleistenfabrik, welche überregionale Bekanntheit erlangte, da die Gebäude von Walter Gropius entworfen wurde. Die hier von ihm etablierte Architektur war richtungsweisend für das spät von ihm errichtete Bauhaus Dessau als Sitz der von ihm gegründete Kunstschule für moderne Architektur.
Heute steht das Fagus-Werk unter Denkmalschutz und ist seit 2011 sogar UNESCO-Weltkulturerbe, obwohl weiterhin Teile des Komplexes als Fabrik genutzt werden. Obzwar man das Gelände besichtigen kann, ist beim Beitreten aus Sicherheitsgründen vorsichtig geboten, wenn man als Besucher kommt. Auf dem Gelände befindet sich auch ein Museum, das über die Bedeutung von Buchenwäldern, sowie über die Holzverarbeitung von Buchen mit Schwerpunkt auf Schuhleisten beschäftigt. Der Name „Fagus“ der Firma leitet sich übrigens vom lateinischen Wort für Buche ab.

Die Altstadt ist heute durch Fachwerkbauten geprägt, die vor allem 19. Jahrhundert stammen, denn viele historische Gebäude wurden durch diverse Stadtbrände in der Vergangenheit zerstört. Das Stadtbild zeugt insgesamt vom historischen Reichtum der Handels- und Hansestadt Alfeld.

Zentrum der Altstadt ist der Marktplatz um das historische Rathaus von 1586. Es zählt zu den bedeutendsten Bauwerken der sogenannten Weserrenaissance. Vereinzelt sind am Gebäude noch Spuren historischer gotischer Baustufen zu erkennen. Typisch für die Gotik ist vor allem der Treppengiebel. Imposant fand ich vor allem die Sandsteintreppe in den Innenräumen, die ich bestaunen durfte, als ich in den zweiten Stock abstieg, in dem mein Vorstellungsgespräch stattfand.
Vor dem Rathaus befindet sich auf dem Marktplatz der neogotische Marktbrunnen, der gleichzeitig auch Kriegerdenkmal in Erinnerung an den Deutsch-Französischen Krieg ist. Sein Wasser wird durch den Fluss Warne gespeist, der in der Alfelder Fußgängerzone oberirdisch fließt und im Mittelalter für die Gräben der Stadtbefestigung aufgestaut war.

Hinter dem Rathaus sieht man den Turm der gotischen Nicolaikirche emporragen. Die Kirche war bereits 1205 Archidiakonatskirche. Als Archidiakon wurde von der Spätantike bis in die frühe Neuzeit der Stellvertreter eines residierenden Bischofs bezeichnet. Heute ist die Kirche als Alfelder Stadtkirche evangelisch.

Hinter der Kirche befindet sich die historische Lateinschule. Das Gebäude gilt als bedeutendes Zeugnis der Weserrenaissance. Das Sandsteinbau mit seinem herauskragenden Obergeschoss zeichnet sich vor allem durch seine Inschrift und sein Bildprogramm aus. Das Bildprogramm zeigt vor allem historische und fiktive Figuren der biblischen, orientalischen und alteuropäischen Geschichte. Baumeister war Andreas Steiger. An der Lateinschule wurden vor allem Geistliche, Rechtsgelehrte und Ärzte ausgebildet.
1853 wurde die bereits 1813 in eine staatliche Ausbildungsstätte verlegte Schule an einen Standort in Alfeld verlegt; inzwischen wurde die Lehrstätte abgerissen und nach Hildesheim verlegt. Im historischen Gebäude befindet sich heute ein Museum.
Es gibt in Alfeld aber noch viele andere beeindrucke Gebäude zu besichtigen, sodass mir Stadt insgesamt sehr gut gefallen hat. Auch das landschaftliche Umfeld hat viele interessante Ecken zu bieten, die zumindest mich ein wenig an die Pfalz erinnert haben. Leider werde ich aber künftig nicht in diesem schönen Ambiente leben, denn für das Vorstellungsgespräch habe ich eine Absage bekommen. Interessanterweise ist diese Stelle wieder vakant, aber hinsichtlich einer erneuten Bewerbung habe ich keine aktuelle positive Rückmeldung (Stand Februar 2021).
Weiterführende Links:
* Alfeld auf Wikipedia
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